Kein Verständnis für Geheimniskrämerei
Die Hedwig-Heyl-Straße brachte den Stein über Straßennamen in Oldenburg vor drei Jahren ins Rollen.
Foto: Katrin Zempel-Bley
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Oldenburg/zb – 2012 hat die Stadtverwaltung aufgrund eines Ratsbeschlusses den Geschichtsdidaktiker Prof. Dr. Dietmar von Reeken von der Universität Oldenburg damit beauftragt, eine wissenschaftliche Studie zu Oldenburger Straßennamen zu erstellen. Primär geht es um nach 1930 gestorbene Personen, die mit einer Straßenbenennung geehrt worden sind, jedoch mit dem nationalsozialistischen Regime verstrickt waren.
Die Untersuchung liegt jetzt vor, jedoch hält die Stadtverwaltung sie unter Verschluss. „Für diese Geheimniskrämerei habe ich überhaupt kein Verständnis“, erklärt Ratsherr Hans-Richard Schwartz für die FDP/WFO. „Hierbei handelt es sich um eine Auseinandersetzung mit Fragen des Verständnisses sowie des Umgangs mit der Stadtgeschichte, die alle Bürger, und nicht zuletzt auch die Anlieger der davon betroffenen Straße, angeht. Hier bedarf es einer Diskussion unter Einbeziehung der breiten Öffentlichkeit“, fordert er.
Er werde in seiner Eigenschaft als Mitglied der vom Stadtrat zu dieser Thematik eingesetzten Kommission in deren konstituierenden Sitzung am 24. Oktober darauf drängen, dass die Stadt diese wissenschaftliche Untersuchung umgehend der Öffentlichkeit zugänglich macht, indem sie in das städtische Internet gestellt wird.
Wenn der Rat der Stadt Oldenburg heute neue Straßen benennt, dann wird aufgrund der bisherigen Erfahrungen sehr kritisch hingesehen und die Frage gestellt, welche historischen Personen tatsächlich auf einem Straßenschild gewürdigt werden können. Dass die heutige Heiligengeiststraße 1942 nach Karl Röver benannt und nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ihren Ursprungsnamen erhielt, lag angesichts der eindeutigen nationalsozialistischen Vergangenheit des Mannes auf der Hand.
Dagegen wurde die Dr.-Eden-Straße, an der das Klinikum Oldenburg steht, erst 2009 in Rahel-Straus-Straße umbenannt. Bei diesem Herrn handelte es sich um einen Mediziner, der zur NS-Zeit an Zwangssterilisationen im Oldenburger Peter-Friedrich-Ludwig-Hospital beteiligt gewesen war.
Nach den jetzigen Kriterien dürfte unter anderem die Hindenburg-Straße die längste Zeit so geheißen haben, benannt nach dem einstigen Reichspräsident, der Hitler 1933 zum Kanzler ernannt hat. Das könnte vermutlich auch für die August-Hinrichs-Straße gelten. Der niederdeutsche Dichter war im NS-Regime Landesleiter der Reichsschrifttumskammer, die nicht linientreuen Schriftstellern Publikationsverbote erteilt hat.
Für Unverständnis sorgte erneut die Hedwig-Heyl-Straße. Zwar haben sich die Linken schon vor drei Jahren für die Umbenennung ausgesprochen, doch das scheiterte seinerzeit an CDU, SPD und FDP. Obwohl bekannt war, dass die Bremer Frauenrechtlerin und Vorsitzende des Frauenbundes der Deutschen Kolonialgesellschaft unter anderem Bewunderung für Hitler empfand und „Mischehen“ ablehnte.
Doch so eindeutig ist es bei einigen Personen nicht. Rund 400 Straßen sind in Oldenburg nach Personen benannt. Geht es um Namen wie Willy Brandt oder Zille ist schnell klar, dass sie nicht weiter überprüft werden müssen. So sind bei einer ersten Prüfung durch von Reeken 120 Straßennamen übrig geblieben, die der Historiker zusammen mit zwei weiteren Mitarbeitern genauestens unter die Lupe genommen hat.
74 Straßennamen sollen übriggeblieben sein. Hier handelt es sich um Namensgebern, die mit dem NS-Regime verstrickt waren. Ob das 280 Seiten umfassende Ergebnis in einer Woche im Internet steht, bleibt abzuwarten.
Nachtrag: Die Nichtveröffentlichung der Liste zur Namensänderung von Straßen in Oldenburg hält auch die Ratsfraktion Die Linke/Piratenpartei für falsch. Die Zielsetzung dieses von uns angestoßenen Projektes begrüßen wir sehr. Es mache keinen Sinn, die Straßennamen wie eine Geheimsache zu behandeln. Nötig ist vielmehr Transparenz, heißt es in einer Stellungnahme.
Deshalb plädieren sie dafür, die Liste jetzt zu veröffentlichen und alle weiteren Sitzungen des Arbeitskreises öffentlich abzuhalten.
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