Nur eine(r) kommt durch
Oldenburg (Michael Exner) An einem Freitagabend im August sieht die Ammerländer Ortschaft Spohle ein ungewöhnliches Duell. Zwei amtierende Bundestagsabgeordnete derselben Partei, aus demselben Wahlkreis, sogar aus derselben Gemeinde, bewerben sich in der CDU gut ein Jahr vor der Bundestagswahl um eine Verlängerung ihres dann vier Jahre währenden Mandats: Physiker Stephan Albani (48), vor seiner Wahl Geschäftsführer des Oldenburger Hörzentrums, und Ministerialrätin Barbara Woltmann (59), bis 2013 stellvertretende Leiterin der Regierungsvertretung in Oldenburg – beide aus der Gemeinde Bad Zwischenahn im Ammerland.
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Bei ihrem ersten Aufeinandertreffen vor vier Jahren hatten die beiden (damals in Oldenburg) noch reichlich Gesellschaft: Sechs Interessenten traten an zur Kür des Nachfolgers von Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey, der (in der Politik höchst selten) schon 2009 aus freien Stücken erklärte hatte, dies sei das letzte Mandat in seiner Bundestagskarriere, die 1987 begonnen hatte. Die CDU des Ammerlandes, das traditionell mit der Stadt einen Bundestagswahlkreis bildet, hatte von Anfang an keinen Zweifel daran gelassen, dass die Nachfolge des Ammerländers Kossendey wieder kreisintern geregelt werde – und mit 300 Mitgliedern Vorsprung ließ sich das auch beruhigt verkünden. Die Oldenburger, die mit Kossendey nicht schlecht gefahren waren, akzeptierten das: weil sie zählen konnten, weil sie Albani wie Woltmann als Grenzgänger zwischen Stadt und Land sahen, weil sie sich in der Rolle der Ausschlaggebenden wohl fühlten – und weil sie nichts Konkurrenzfähiges im Angebot hatten. Dass sich letztlich doch noch ein selbsternannter Kandidat aus der Stadt berufen fühlte, der krachend scheiterte und mittlerweile bei ALFA gelandet ist, war eine heitere Fußnote.
Albani holte sich im zweiten Wahlgang die Kandidatur und bei der folgenden Landeslisten-Lotterie einen vorderen Platz (6), der ungeachtet der erwarteten (und erfolgten) Niederlage im Kampf um das Direktmandat den Einzug in den Bundestag sicherte. Beide Erfolge verdankte er nicht zuletzt dem Einsatz seines Vorgängers Kossendey. Die in der Partei auf diversen Ebenen vernetzte Woltmann sicherte sich mit Nummer 30 den ersten Listenplatz, der ohne Wahlkreis-Kandidatur vergeben wurde. Durch den kurzfristigen Abgang des Abgeordneten Eckart von Klaeden Richtung Daimler rutschte sie einen nach vorn – und der 29. war der letzte Platz, der beim deutlichen CDU-Wahlerfolg von 2013 noch für ein Bundestagsmandat reichte.
Beide würden gern wieder nach Berlin. Da aber eine Wiederholung des 2013er Ergebnisses für die CDU kaum zu erwarten ist, gilt am 19. August: Nur eine/r kommt durch. Albani geht mit dem mehr oder minder offenen Rückenwind der Vorstände als Favorit in den Entscheid, doch Mitgliedervollversammlungen gleichen Wundertüten: Man weiß nie, was rauskommt – zumal beide in den ersten drei Jahren keinen nachhaltigen Akzent zu setzen vermochten. Das mag beim Wahlkreiskandidaten Albani schwerer wiegen, aber Kossendeys Schuhe sind auch ziemlich groß.
Stand heute beschränken sich die Oldenburger erneut aufs Zuschauen, wobei sich die Gründe kaum von denen vor vier Jahren unterscheiden. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf die Lage der CDU in, aber auch auf die der Stadt Oldenburg generell: Der Wahlkreis stellt vier Bundestagsabgeordnete: Neben Albani und Woltmann Wahlkreis-Gewinner Dennis Rohde (SPD) und Peter Meiwald (Grüne). Alle kommen aus dem Ammerland, was die Lage der Stadt bei regionalen Fragen (wie etwa der außerhalb Oldenburgs skeptisch gesehenen Bahnumfahrung) nicht unbedingt erleichtert. Die drittgrößte Stadt Niedersachsens hat auf allen parlamentarischen Ebenen aktuell gerade mal zwei (Landtags-) Abgeordnete. Noch dramatischer ist die Situation der Stadt-CDU: Die Partei hat überhaupt keinen eigenen Vertreter in Land, Bund und Europa, keinen Oberbürgermeister mehr und nur noch zehn (von 51) Ratsmitgliedern.
Dafür jedoch hat die Oldenburger Union für die nächsten Wahlen eine begründbare Zuversicht: Es kann eigentlich nur besser werden.
7 Kommentare
Sehr geehrter Herr Exner, es freut mich, dass Sie meine Kandidatur für die Nominierung als CDU-Bundestagskandidat für den Wahlkreis Oldenburg/Ammerland noch in Erinnerung haben. Ich fand es damals unglaublich, dass die Stadt-CDU nicht in der Lage war, auch nur einen eigenen Kandidaten aus dem Stadtgebiet aufzustellen, während es eine Reihe von Kandidaten aus dem Ammerland gab. Deshalb habe ich kandidiert und dafür auch viel Zuspruch erhalten. Bei der Aufstellungsversammlung hat sich das nicht in Stimmen ausgezahlt, da es bei der Stadt-CDU eine klare Ansage zur Wahl Stephan Albanis gab. Ich bin in der Tat inzwischen in die Allianz für Fortschritt und Aufbruch (ALFA) eingetreten. Wir brauchen in Oldenburg eine neue bürgerliche Kraft, um aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu meistern. Eine bürgerliche Kraft, die sich im Gegensatz zur CDU für basisdemokratische Werte einsetzt. Dafür engagiere ich mich in einem Team von insgesamt dreizehn Kommunalwahlkandidaten. Mit freundlichen Grüßen, Dr. Hergen Frerichs, ALFA-Kommunalwahlkandidat, Wahlbereich Oldenburg-Nordost.
Tja, Alfy ist jetzt auch Geschichte. Typisch…
@Werner Lorenzen-Pranger
>Tja, Alfy ist jetzt auch Geschichte. Typisch…
Der Schaden dürfte sich in Grenzen halten. Schließlich wurde nicht dem Parteinamen widersprochen, sondern nur der Kurzbezeichnung ALFA. In wieweit das Konsequenzen nach dem Parteiengesetz hat, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht könnten ja Sie der Partei bei der Findung eines neuen Kürzels ein wenig unter die Arme greifen.(hehe)
Viel interessanter fände ich die Frage: Hätte sich ein MdB Dr. Frerichs dem Fraktionszwang gebeugt bzw. dem Konformitätsdruck nachgegeben und die Merkelei in Sachen Geldverbrennung abgenickt oder wäre er aufgestanden und hätte gesagt: „Ohne mich!“.
Wer aber würde wohl nicht schwach werden, wenn die Aufstellung für eine zweite Legislaturperiode vom Wohlverhalten gegenüber der eigenen Partei abhängt.
Zitat: „Vielleicht könnten ja Sie der Partei bei der Findung eines neuen Kürzels ein wenig unter die Arme greifen.(hehe)“
Kann ich. Wie wärs mit „ALBERN“? Würde für Luckes Dauerverwirrung doch gut passen, oder? (Handelt der eigentlich immer noch mit Glühbirnen?)
Nochmal ein Wort zu Albani. Es ist schon ulkig, was in der CDU für Blitzkarrieren möglich sind. Kaum als Klinkenputzer durch die Kommunalpolitik Bad Zwischenahn durch, sitzt dieser Mann ohne Eigenschaften bereits im Bundestag. Die Unionsparteien scheinen ein großes Problem zu haben, noch irgendwo Personal zu aktivieren das sich nicht durch sofortige Lächerlichkeit oder kriminelle Energie selbst disqualifiziert. Ich habe den Herrn Albani jedenfall vor gar nicht all zu langer Zeit noch der Tür verwiesen und ihm seine Werbung wieder in die Hand gedrückt. Na ja, immer noch nicht so schlimm wie in Bayern, wo die Totalversager inzwischen ja selbst Ministerposten übernehmen dürfen. Na ja, mit „Verkehr“ z.B. kennen sich so manche in der Union ja immerhin scheinbar gut und in Kontinuität, wenn auch im eher illegalen Umfeld, aus…
@Werner Lorenzen-Pranger ,
>… Kommunalpolitik Bad Zwischenahn durch, sitzt dieser Mann ohne Eigenschaften …
ein Mann aus dem Volk halt.
Dies ist allerdings nicht der Grund für meinen Kommentar. Auf der Webseite von ALFA muss ich lesen, dass die Partei am Donnerstagabend im bunten Petersfehn 1 erfolgreich eine Nominierungsveranstaltung abgehalten hat. Vielleicht im Buntspecht oder doch eher privat? Eigentlich hätte ich ein breites Bündnis aller gesellschaftlich relevanten Gruppen mit Ihnen an der Spitze erwartet, die diesem Spuk seine Grenze aufzeigt. Daher kann ich eine gewisse Enttäuschung nicht verhehlen oder müsste ich eher sagen: Willkommen im „Klub der keyboard warrior“.
Der Kandidat Zager hat, wenn ich mich richtig erinnere, mal für die Rentnerinnen- und Rentnerpartei kandidiert. Die Anderen sind mir nicht bekannt.
In vielen Kulturen, werter Karl, gelten Irre als heilig – schon, um diese armen wehrlosen Geschöpfe vor Übergriffen zu schützen. 😉