Keine schlechten Aussichten
Oldenburg (Michael Exner) Die neue Landesregierung steht – und aus Oldenburger Sicht wird man die Frage stellen müssen, mit welchen Perspektiven die Stadt unter dem ungewohnten Rot/Schwarz von Hannover in die nähere Zukunft geht. Die Aussichten sind möglicherweise so schlecht nicht.
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In der Politik ist nicht entscheidend, wer geht, sondern nur, wer kommt – und damit auch, wer bleibt. Dass der Ministerpräsident weiterhin Stephan Weil heißt, darf man in der Stadt getrost unter gute Nachrichten verbuchen. Zwischen dem Regierungschef und Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann stimmt die Chemie, was nicht nur am gleichen (SPD-)Parteibuch liegt. Weil hat Krogmann massiv in dessen OB-Wahlkampf unterstützt, der wiederum hat den Ministerpräsidenten gleich zum ersten Grünkohlkönig seiner Amtszeit befördert. Das spiegelt zwar zunächst nur Atmosphärisches, aber das ist meist notwendige Rahmenbedingung für fruchtbare politische Beziehungen. Dass Weils Ex-Gegenspieler und Neu-Vize Bernd Althusmann in Oldenburg geboren wurde, hat man zwar hier und da im Wahlkampf erwähnt, angesichts der weiteren Vita des Christdemokraten ist das aber mehr für Heimatforscher von Interesse.
Dass der Friesländer Olaf Lies im Kabinett bleibt, ist positiv, dass er das Wirtschaftsministerium räumen muss, auf den ersten Blick weniger. Aber das Umweltministerium birgt aus Oldenburger Sicht durchaus Chancen. Dort ist die Energiewirtschaft angesiedelt; ein Thema, auf das die Stadt seit geraumer Zeit setzt. Und der neue Minister bekommt zusätzlich den kompletten Bausektor aus dem Sozialministerium (was immer der Bereich dort zu suchen hatte) und damit die Zuständigkeit für Städtebauförderung und Wohnungsmarkt. Und nicht zuletzt: Auch Lies und Krogmann können miteinander.
Der neue Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler, ist bislang zwar nicht gerade als Experte auf diesem Gebiet hervorgetreten, und seinen Platz in den Top Ten regionaler Politik wird der Christdemokrat aus dem Wesermarsch-Ort Berne erst noch finden müssen. Aber ein für Hochschulen wie Museen (und Theater) zuständiger Minister aus dem Raum Oldenburg ist für die Stadt fast schon ein Wert an sich. Da kann sich was entwickeln.
Die parlamentarische Präsenz der Stadt bleibt nominell unverändert. Drei Mitglieder in den Regierungsfraktionen gab’s in der abgelaufenen Periode auch schon (zumindest bis Krogmann aus dem Landtag in die Rathausspitze wechselte). Dass jetzt neben dem SPD-Vorsitzenden Ulf Prange zwei Frischlinge das Trio komplettieren, lässt sich verkraften. Zum einen ist fehlende Erfahrung ein Manko, das jeden Tag geringer wird; zum anderen sind die beiden Frauen zwar neu im Landtag, aber nicht neu in der Politik. Christdemokratin Esther Niewerth-Baumann sitzt seit über zwanzig Jahren im Rat und ist dort aktuell Fraktionsvorsitzende. Hanna Naber kümmert sich seit Jahren in Bezirks- und Landesvorstand um die Finanzen der SPD. Was politisches Handwerk betrifft, muss man sich um die Damen keine Sorgen machen.
Vielleicht entkrampft die neue Farbkonstellation im Landtag sogar das politische Leben sowohl innerhalb der Stadt wie auch zwischen Oldenburg und Hannover. Dass die SPD vor Ort seit der Kommunalwahl nicht mehr mit den Grünen in einem Ratsbündnis sitzt und der mit den Grünen fremdelnde Oberbürgermeister sich seine Mehrheiten gelegentlich auch bei der CDU sucht, war in der bis dato rot-grünen Landesregierung und den sie tragenden Parteien mit einem gewissen Unbehagen registriert worden. Die Stadt ist landesweit zu wichtig, als dass sich Veränderungen ihrer politischen Statik einfach ignorieren ließen. Leichte Stellungsprobleme könnte höchstens SPD-Chef Prange bekommen. Der war schließlich engagierter Verfechter von Rot/Grün in allen Lebenslagen. Er wird sich etwas umgewöhnen müssen.
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