Politik

Ministerpräsident Stephan Weil tritt zurück

Ministerpräsident Stephan Weil will im Mai zurücktreten.

Ministerpräsident Stephan Weil will im Mai zurücktreten.
Foto: DTS

Hannover (pm/am) Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil kündigte am heutigen Dienstag seinen Rücktritt für Mai an und verzichtet auf eine erneute Kandidatur als SPD-Landesvorsitzender. Weils Nachfolger soll Wirtschaftsminister Olaf Lies werden, der voraussichtlich auch die SPD in die Landtagswahl 2027 führen wird. Weil ist seit 2013 Ministerpräsident und seit 2012 Landesvorsitzender der SPD Niedersachsen. Die vollständige Stellungnahme von Stephan Weil veröffentlicht die Oldenburger Online-Zeitung hier im Originaltext.

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Ministerpräsident Stephan Weil: „Nach reiflicher Überlegung habe ich mich entschieden, mich in den nächsten Wochen aus der ersten Reihe der niedersächsischen Landespolitik zurückzuziehen. In der nächsten Landtagssitzung am 20. Mai werde ich nach zwölf Jahren meinen Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten erklären. Wenige Tage später, am 24. Mai, werde ich nach dreizehn Jahren nicht wieder als Landesvorsitzender der SPD kandidieren.

Diese Entscheidungen beruhen vor allem auf persönlichen Erwägungen. Ich habe deutliche Anzeichen, dass es jetzt nach vielen Jahren einer äußerst intensiven Arbeit an der Zeit ist, kürzer zu treten. Das ist auch der Rat meines Arztes. Ich bin sechsundsechzig Jahre alt – und ich merke das. Ich bin zwar gesund, möchte es aber auch bleiben. Die mit meinem Amt verbundenen Aufgaben habe ich in den vergangenen Monaten als stetig anstrengender empfunden. Dazu tragen auch unangenehme Schlafstörungen bei, wie sie auch viele andere Menschen kennen. Unter diesen Umständen wird dann ein anstrengender Alltag zusätzlich belastet.

Der letzte Anstoß für meine Entscheidung waren die Erfahrungen im Bundestagswahlkampf: Ich habe immer gerne Wahlkampf gemacht, aber diesen Bundestagswahlkampf habe ich als besonders kraftraubend empfunden. Nach fast zwanzig Jahren (einschließlich meiner Amtszeit als Oberbürgermeister von Hannover) mit ununterbrochenem Druck und einem hohen Maß an Fremdbestimmung ist es deswegen jetzt an der Zeit, eine Veränderung vorzunehmen. Das fällt mir nicht leicht, aber ich freue mich auch auf mehr Zeit für meine Familie und mein Privatleben.

Dazu kommen auch politische Überlegungen. Das Ergebnis der Bundestagswahlen war für mich der Anstoß für gründliches Nachdenken. Wir befinden uns in einer Periode grundlegender Veränderungen und diese Periode wird noch manche Jahre andauern. Gerade in einer solchen Zeit brauchen Menschen in verantwortlichen Ämtern einen langen Atem. Ich hatte schon vor den letzten Landtagswahlen erklärt, kein weiteres Mal als Ministerpräsident antreten zu wollen. Die anstehenden Aufgaben gehen aber weit über den verbleibenden Zeitraum bis zu den nächsten Wahlen hinaus. Ich bin überzeugt, dass es deshalb im Interesse des Landes und der hier lebenden Menschen ist, wenn ein Ministerpräsident mit einer weitergehenden Perspektive die Verantwortung übernimmt, die mit diesem Amt nun einmal verbunden ist. Dasselbe gilt mit Blick auf die SPD. Es wird Zeit brauchen, für die Politik der SPD wieder einen stärkeren Rückhalt bei den Wählerinnen und Wählern zu bekommen und sich die Partei wieder mit Fug und Recht eine Volkspartei nennen kann. Auch dafür bedarf es eines langen Atems. Lars Klingbeil hat nach den Wahlen von einem notwendigen Generationswechsel gesprochen und er hat recht damit. Dazu will ich zumindest einen kleinen Beitrag leisten.

Natürlich beende ich meine Arbeit, die ich immer sehr gerne gemacht habe, auch mit Wehmut. Die Zusammenarbeit und die Begegnungen mit vielen, ganz unterschiedlichen Menschen in Niedersachsen haben mir immer große Freude bereitet. Und die Möglichkeit, in meiner Heimat Niedersachsen Verantwortung tragen zu dürfen und für die eine oder andere positive Veränderung sorgen zu können, war mir immer eine große Motivation.

Mein Rückzug fällt mir aber insoweit leicht, als ein sehr geeigneter, integrer und verantwortungsbewusster Nachfolger zur Verfügung steht. Wirtschaftsminister Olaf Lies ist seit langem einer der wichtigsten Leistungsträger unserer Landespolitik, er ist aus guten Gründen in Niedersachsen sehr anerkannt und sehr beliebt. In vielen Jahren der Zusammenarbeit hat es zwischen uns nie Streit oder ein böses Wort gegeben und ich war immer dankbar dafür, dass Olaf Lies zu jeder Zeit mir gegenüber äußerst loyal gewesen ist. Aus dieser Zusammenarbeit ist eine Freundschaft entstanden und das ist in der Politik keine Selbstverständlichkeit. Ich bin überzeugt, dass Olaf Lies ein sehr guter Ministerpräsident sein wird.

Der Vorstand der niedersächsischen SPD hat heute entschieden, Olaf Lies als meinen Nachfolger zu nominieren. Ebenfalls wurde heute beschlossen, dass am 16. Mai 2025 der außerordentliche Landesparteitag in Hannover einberufen wird.

Ich verabschiede mich voller Dankbarkeit aus der ersten Reihe der Politik. Ich habe viele Jahre lang anspruchsvolle und wichtige Aufgaben für unsere Gesellschaft übernehmen dürften, die ich mit großem Engagement, aber vor allem auch mit viel Freude und Begeisterung ausgeübt habe.

Von den Bürgerinnen und Bürgern habe ich immer wieder viel Vertrauen und auch Zuspruch bekommen – das hat mir viel bedeutet. Das gilt auch für die niedersächsische SPD, deren Mitglieder mir auch in schwierigen Zeiten den Rücken gestärkt und mir vertraut haben. Das habe ich nie als selbstverständlich angesehen und war immer sehr dankbar dafür.

Herzlichen Dank für das Vertrauen, vielen Dank für das Verständnis und alles Gute für unsere gemeinsame Zukunft!“

Weitere Artikel zum Thema Rücktritt des Ministerpräsidenten und wie es weitergeht, finden Sie in der OOZ unter Nachrichten.

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