Politik

Neues Wahlrecht: Damit‘s nicht langweilig wird

Zum letzten Mal auf fünf Jahre gewählt: der Wahlsieger von 2021 und amtierende OB Jürgen Krogmann.

Zum letzten Mal auf fünf Jahre gewählt: der Wahlsieger von 2021 und amtierende OB Jürgen Krogmann.
Foto: am

Michael Exner (Oldenburg) Die rot-grüne Landesregierung will die Amtszeit von (Ober-)Bürgermeistern und Landräten von fünf auf acht Jahre verlängern. Dazu muss mal wieder die Kommunalverfassung geändert werden. Das wurde aber auch Zeit. Die bis dato letzte Änderung in dieser Richtung ist schließlich mehr als zehn Jahre her. Nicht, dass einem noch langweilig würde…

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Wenn es in Niedersachsen in der von oben verordneten Kommunalpolitik eine Konstante gibt, dann ist es der Wechsel. Noch hat jede neue Landesregierung in den vergangenen drei Jahrzehnten am Kommunalrecht herumgefummelt, mal an der Verfassung, mal am Wahlrecht; schlimmstenfalls an beidem.

Als die SPD-Landesregierung (die Älteren erinnern sich dunkel: sowas gab’s tatsächlich mal) unter Gerhard Schröder 1996 die sogenannte eingleisige Kommunalverfassung (direkt gewählter Ober/Bürgermeister bzw. Landrat als Verwaltungschef) einführte, lag die Amtsperiode der neuen Spitzen bei fünf Jahren analog zur Ratsperiode – auf ausdrücklichen Wunsch der SPD, weil die (wie es ein führender Genosse einst formulierte) „keine Dorfkönige“ wollte. Das war eine Anspielung auf die süddeutsche Ratsverfassung, bei der die direkt gewählten Verwaltungschefs ein hohes Maß an Selbständigkeit zu entwickeln pflegen – was häufig auf die längeren Amtszeiten zurückgeführt wird. Da zu dem Zeitpunkt noch etliche Hauptverwaltungsbeamte aus der aufgelösten Zweigleisigkeit (hauptamtlicher Ober/Stadtdirektor als Verwaltungschef und vom Rat gewählter ehrenamtlicher Ober/Bürgermeister als Repräsentant) im Amt waren, gab es im Lande auf Jahre einen Flickenteppich unterschiedlicher Amtszeiten.

Oldenburg hatte damit kein Problem – weil die Amtszeit von Oberstadtdirektor Heiko Wandscher ziemlich genau zum Datum der Umstellung auslief. So wurden die ersten „neuen“ Oberbürgermeister Jürgen Poeschel (CDU/1996) und Dietmar Schütz (SPD/2001) auf fünf Jahre zusammen mit dem jeweiligen Rat gewählt. Zwischenzeitlich hatte allerdings die Landesregierung gewechselt: 2003 von der SPD zur CDU/FDP-Koalition. Und die machte sich flugs daran, die Kommunalverfassung zu ändern. Nun durften Ober/Bürgermeister und Landräte acht statt fünf Jahre amtieren – was die Parallelität von Rats- und OB-Wahl vom Tisch fegte. Ein paar Jahre später fiel der schwarz-gelben Regierung noch etwas ein: 2010 schaffte sie die Stichwahl ab, die immer dann notwendig war, wenn niemand im ersten Wahlgang die erforderliche absolute Mehrheit erreicht hatte. Das besorgte CDU-Innenminister Uwe Schünemann, über dessen Qualifikation zum Ministeramt Oldenburgs Ex-OB Poeschel, ein ausgewiesener Verfassungsexperte, mal gesagt hat: „Der Mann hat keine Ahnung.“ Schünemann begründete die Abschaffung damals mit dem aus seiner Sicht durch eine geringere Wahlbeteiligung in den Stichwahlen dokumentierten gesunkenen Bürgerinteresse. Die Oldenburger Ergebnisse widersprachen dem in der Sache nicht. Nur bei der 2021er Wahl lag die Wahlbeteiligung in der Stichwahl (60,3 Prozent) über der im ersten Wahlgang (53,8).

In Oldenburg wurde nach der Verfassungsänderung Gerd Schwander (parteiloser CDU-Kandidat mit Grünen-Unterstützung in der Stichwahl) 2006 auf acht Jahre gewählt. Schmonzette am Rande: Nach der später beschlossenen Schünemann-Regel wäre er kein OB geworden. Im ersten Wahlgang hatte Amtsinhaber Schütz vorn gelegen. Schwandner wurde noch mit dem Rat gewählt, 2011 gab es die erste Rats- ohne gleichzeitige OB-Wahl.

Und dann kam wieder eine neue Landesregierung: 2013 Rot/Grün unter Stephan Weil. Die führte als erstes die Stichwahl wieder ein und reduzierte die Amtszeit der Hauptamtlichen auf fünf Jahre – mit dem Ziel, wieder eine Koppelung der Kommunalwahlen zu erreichen. Wegen der aufs Neue für den Übergang unterschiedlichen Perioden von Rat und Rathauschefs (die Gewählten blieben ja im Amt) gab es in der Folge wieder einen landesweiten Flickenteppich von Amtszeiten. In Oldenburg wurde der noch amtierende Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) 2014 (ohne Ratswahl) zwecks Angleichung gleich für sieben Jahre gewählt und 2021 (als erster Oldenburger OB überhaupt) gleichzeitig mit der Ratswahl im Amt bestätigt: diesmal für fünf Jahre bis 2026. Gut zehn Jahre nach dieser Umstellung verlängert eine neue rot-grüne Landesregierung die Amtszeit der Hauptamtlichen nun wieder auf acht Jahre. Grund für die auch von den Kommunalverbänden gewünschte Änderung: Man hofft, durch längere Amtszeiten mehr qualifiziertes Personal zu gewinnen. Dass dieses Ergebnis auch durch eine gewisse Verstetigung des Kommunalrechts erreicht werden könnte, ist offenbar ein abwegiger Gedanke.

Nach aktuellem Stand werden 2026 ein Rat für fünf und ein OB für acht Jahre gewählt. Die nächste Ratswahl wäre dann 2031, die nächste OB-Wahl 2034 fällig – falls zwischendurch nicht mal wieder die Landesregierung wechselt.

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4 Kommentare

  1. Manfred Murdfield
    21. August 2024 um 14.06 — Antworten

    Wenn man bedenkt, dass der amerikanische Präsident mit 4 Jahre auskommen muss, scheint es in Niedersachsen an qualifiziertem Personal zu fehlen. (An Wahlperioden wie in autokratischen Staaten möchte ich hier noch nicht denken, besonders demokratisch ist es aber nicht.) Aber vielleicht will Herr Weil (SPD), der ja nicht wieder antreten will, zum Abschied noch ein paar Alimentationen verteilen oder noch einige Pfründe sichern. Aber Abwählen bleibt ja hoffentlich weiter möglich. Die Bevölkerung wird jedenfalls damit unmündig gemacht.

  2. Lars
    21. August 2024 um 15.32 — Antworten

    Dann hoffe ich mal, dass Herr Krogmann nicht gewählt wird, in 2 Jahren.

  3. Manfred Murdfield
    23. August 2024 um 9.18 — Antworten

    Um es noch einmal deutlich zu machen: ich halte diese Form der Amtsverlängerung „von oben“ für undemokratisch. Per Gesetz wird die Wahlmündigkeit der Bürgerinnen und Bürger beschnitten und ein „die Macht geht vom Volke aus“ wird erheblich ausgehebelt. Der Sinn einer Wahl, auch die Qualität und Leistung von AmtsinhaberInnen zu prüfen, wird wesentlich eingeschränkt. Aber vielleicht gibt es ja Gründe, bestimmte Personen vor dem Wahlvolk zu schützen. Vorbilder gibt es dafür ja durchaus.

    • W. Lorenzen-Pranger
      25. August 2024 um 14.11 — Antworten

      Inzwischen betreiben die „Alt-Parteien“ das Geschäft der Rechtsaußen besser als die selbst. So viel Dummheit, zumal in einer Partei, deren Mitglieder dereinst ein schweres Schicksal zu durchleben hatten – wenn sie es denn überlebten, ist wahrhaft bemerkenswert.

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