OB-Wahl: Spannung nur bei drei aus sechs
Oldenburg (Michael Exner) Die Meldefrist ist abgelaufen, der Wahlausschuss hat entschieden, seitdem steht fest: Um den Chefsessel im Oldenburger Rathaus konkurrieren am 12. September sechs Männer. Das sind zwei Köpfe mehr als bei der reinen Oberbürgermeister-Wahl von 2014, einer mehr als 2006 und ebenso viele wie 2001, als beide Male Rat und OB zusammen gewählt wurden. Alle Namen werden sich nicht ins politische Gedächtnis brennen. Nimmt man die Erfolgsaussichten als Gradmesser, schrumpft das Sextett zum Trio.
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Vor dem Hintergrund der schillernden Polit-Palette der Stadt hätte man durchaus noch mehr Bewerbungen erwarten dürfen – neigen doch Gruppierungen dazu, beim Zusammentreffen mehrerer Wahlen (zu Rat und OB am 12. kommt im September noch die Bundestagswahl parallel zur wahrscheinlichen OB-Stichwahl am 26.) dazu, auch Aussichtslose ins Oberbürgermeister-Rennen zu schicken, nur damit die in (ermüdenden) Diskussionsrunden die Fahne des eigenen Lagers schwenken können. Die aktuelle Beschränkung hat unterschiedliche Gründe. Der FDP ist wohl kurz vor Toresschluss eine Kandidatin von der Fahne gegangen, die BFO ist nach dem Übertritt ihres letzten Ratsmitglieds zur CDU vollends in der Versenkung verschwunden, und die WFO (ohnehin mehr eine Vereinigung zur politischen Existenzsicherung des Dauerratsherrn Franz Norrenbrock) konzentriert ihre Ressourcen auf die Ratswahl.
Die aktuelle Bewerberrunde kommt sehr unterschiedlich daher. Da ist zunächst der amtierende Rathaus-Chef Jürgen Krogmann (57). Der Sozialdemokrat tritt erneut an. Gemessen am Schicksal seiner Vorgänger wäre die Wiederwahl eine Premiere: Noch hat kein hauptamtlicher Oldenburger Oberbürgermeister mehr als eine Wahlperiode geschafft. Nimmt man die ehrenamtlichen Vorgänger hinzu, währt der Fluch der Einmal-Amtszeit in der Stadt immerhin 40 Jahre. Im Nordwesten gilt als eine Art politisches Grundgesetz: In Oldenburg werden Oberbürgermeister nicht gewählt, sondern abgewählt. Der einzige, der diesem Schicksal entging, war Gerd Schwandner – weil er vorsichthalber nicht mehr antrat, nachdem er in seiner Amtszeit (2006-2014) einige Abwahlversuche überstanden hatte.
Krogmann hat Erfahrung in Politik und Verwaltung. Der studierte Historiker und gelernte Journalist arbeitete ab 1993 im Presseamt der Stadt, zuletzt als dessen Leiter unter SPD-OB Dietmar Schütz (2001-2006). In dieser Zeit hat er etliche Züge seines damaligen Chefs angenommen, dass manche heute in ihm einen Schütz-Wiedergänger sehen – was nicht unbedingt als Kompliment gemeint sein muss. Seit er 2006 von Vorgänger Gerd Schwandner als Stadtsprecher kaltgestellt wurde, hat der zuvor parteipolitisch eher unauffällige Krogmann eine rasante Karriere hingelegt. Er gewann zweimal (2008/13) im Stadtnorden das Direktmandat für den Landtag (und schickte dabei CDU-Minister Lutz Stratmann in den politischen Ruhestand), übernahm kurzzeitig den SPD-Vorsitz in der Stadt, wurde 2011 mit dem besten Ergebnis aller Kandidaten in den Rat gewählt und landete schließlich 2014 einen 70:30-Sieg in der OB-Stichwahl über den heutigen CDU-Vorsitzenden Christoph Baak.
Die Hauptkonkurrenten kommen (wie üblich) von CDU und Grünen. Deren Kandidaten haben bei unterschiedlichen Biografien einiges gemeinsam: Sie sind beide Diplom-Kaufmann, in der politischen Szene weitgehend unbekannt und haben kein Parteibuch. Letzteres ist für sich genommen kein Nachteil, birgt aber in der gewöhnlich stark politisierten und emotional aufgeladenen Atmosphäre beim Zusammentreffen mehrerer Wahlen ein gewisses Risiko.
Die Christdemokraten haben überraschend den Medienmanager Ulrich Gathmann (62) nominiert. Der studierte Betriebswirt begann im Bertelsmann-Konzern. Später arbeitete er bei Fernseh- (RTL/Vox) und Radiosendern (94,3 rs2 Berlin). Von 2001 bis 2019 war er Geschäftsführer der NWZ-Mediengruppe. Vor allem in seinem Fall könnte das fehlende Parteibuch zum Handicap werden, zumal Gathmann aus der Unabhängigkeit eine Strategie gestrickt hat und offensiv damit wirbt, „kein Parteisoldat“ zu sein. Offiziell läuft die Kandidatur als „von der CDU unterstützt“, in ersten Presseerklärungen Gathmanns wurde die Partei nicht mal erwähnt. In der CDU hat das durchaus kritische Fragen ausgelöst, warum die Partei zum dritten Mal hintereinander mit einem Kandidaten in eine OB-Wahl zieht, der sich nicht via Mitgliedschaft zu ihr bekennen mag. Zudem hatte Parteichef Baak (bei seiner OB-Kandidatur 2014 selbst auch noch kein Mitglied) bei seiner Wahl zum Vorsitzenden für die OB-Wahl 2021 „eine Person mit klarem CDU-Profil“ versprochen – und dabei insgeheim schon eine Kandidatin im Visier gehabt: Mareike Wulf, eine CDU-Landtagsabgeordnete aus Hannover mit Oldenburger Teil-Biografie. Doch die Dame hatte Baak hingehalten, nach längerem Zögern abgesagt und die Avancen aus Oldenburg wohl auch als Trumpf im (letztlich erfolgreichen) Poker um eine Bundestagskandidatur im Raum Hannover genutzt.
Daniel Fuhrhop (53) hat gleichfalls kein Parteibuch, was bei den Grünen allerdings keine so große Rolle spielt; umso weniger, als bei der Partei zumindest in Oldenburg trotz zwischenzeitlicher Höhenflüge die Interessenbekundungen überschaubar gewesen sind. Auch dieser Kandidat ist bislang politisch nicht in Erscheinung getreten – wenn man sein Buch mit dem schönen Titel „Verbietet das Bauen“ nicht als solches werten will. Der in Paris geborene Fuhrhop hat Betriebswirtschaft studiert und 15 Jahre einen von ihm gegründeten Architekturverlag geleitet. Derzeit arbeitet er als Wirtschaftswissenschaftler an der Oldenburger Universität. Wie Gathmann ist auch er nicht erste Wahl gewesen. Die Grünen (zumindest einige von ihnen) hatten lange mit einer Kandidatur von Gabriele Nießen geliebäugelt. Die war acht Jahre Bau- und Umweltdezernentin in Oldenburg, bis ihr Krogmann zum Ende ihrer ersten Amtsperiode im Vorjahr (offenbar wegen unüberbrückbarer Differenzen) den Stuhl vor die Tür gestellt hatte. Doch die Umworbene hatte nach einer kurzen Station in Ludwigsburg im Bremer Senat als Staatsrätin (vergleichbar einer Staatssekretärin) und Stellvertreterin der grünen Umweltsenatorin Maike Schaefer ein angenehmeres Betätigungsfeld gefunden und sagte öffentlich ab. Fuhrhops Abschneiden wird (zunächst) daran gemessen werden, ob er es in die Stichwahl schafft. Das ist den Grünen bislang nicht gelungen.
Für die Linken kandidiert der Sozialpädagoge Jonas-Christopher Höpken (49), ein freundlicher junger Mann, dessen Standort irgendwo zwischen Karl Marx und Papst Franziskus liegt und dem man jederzeit im politischen Zeugnis attestieren würde, er habe zur Verbesserung des Betriebsklimas beigetragen. Höpken ist seit zehn Jahren im Rat und dort Vorsitzender des Ausschusses für den Abfallwirtschaftsbetrieb. Die Erfahrung in der politischen Alltagsarbeit kommt ihm zugute bei den Diskussionsrunden, wo er sich bislang mit Faktensicherheit und abgewogener Argumentation profiliert hat. Höpkens Aufgabe in diesem Wettbewerb ist es, mit Blick auf die Ratswahl die Fahne der Linken hochzuhalten.
Und dann sind da noch zwei: der Versicherungs- und Taxiunternehmer Andreas Sander (57) als Parteiloser mit Piraten-Unterstützung und der Sparkassenkaufmann und (nach eigenen Angaben) Privatier Michael Stille (57) als Einzelbewerber. Der erste hat seine Bewerbung in letzter, der zweite in allerletzter Minute eingereicht, sodass beide bis dato noch nicht in Erscheinung getreten sind. Sie führen die Tradition fort, dass sich bei derlei Wahlen immer der eine oder andere meldet, der auch mal dabei sein möchte – mit entsprechender Medienpräsenz, versteht sich. Über den Status des politischen Pausenclowns ist bislang noch niemand von ihnen hinausgekommen.
2 Kommentare
Es ist sicherlich richtig, Peronen zu vergleichen,die sich für ein so wichtiges Amt zur Wahl stellen.Es steht aber auch einem Michael Exner nicht zu,Personen ,die nicht seinen Ansprüchen entsprechen als Pausenclowns zu bezeichnen. Bernd Wichmann Oldenburg
Dem kann ich mich nur anschließen. Ich habe von Herrn Exner schon bessere Kommentare gelesen. Ich hatte den Eindruck das er hier ziemlich lustlos vorgegangen ist. Andere Medien machen das besser.
z.B. https://www.european-news-agency.de/politik/oberbuergermeisterkandidat_fuer_oldenburg_andreas_sander-81908/
Wenn man davon ausgeht, das sich sowieso nichts ändert, kann man das so sehen aber dem ist nicht so, denn wie schon genannt werden die Oberbürgermeister in Oldenburg abgewählt und dafür braucht man eine Alternative und auch Medien die die Kandidaten entsprechend vorstellen.