Politik

Straßenfinanzierung kommt auf den Prüfstand

Im Vorfeld ihres geplanten Haushaltsbeschlusses steht die Oldenburger Politik vor einer Grundsatzdebatte über die Straßenbaufinanzierung.

Wenn die „Allgemeinheit“ für den Straßenausbau bezahlt, könnten Begehrlichkeiten geweckt werden.
Foto: Christian Kruse

Oldenburg (Michael Exner) Im Vorfeld ihres für Februar geplanten Haushaltsbeschlusses steht die Oldenburger Politik vor einer Grundsatzdebatte über die Straßenbaufinanzierung. Und im Hintergrund taucht ganz dezent die nächste Erhöhung der Grundsteuer auf.

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Es geht um die sogenannten Straßenausbaubeiträge. Die kassiert eine Kommune bei wesentlicher Verbesserung einer Straße (nicht für deren laufenden Unterhalt) von den dort ansässigen Grundstückseigentümern. Das führt schnell zu ein paar tausend Euro, bisweilen zu fünfstelligen Beträgen, die manchen an den Rand der Leistungsfähigkeit bringen. Doch nicht nur darum ist diese Finanzierung wenig beliebt. Nach einer Sanierung werden die Straßen oft vermehrt von zusätzlichem Durchgangsverkehr geplagt. Die Anlieger bekommen vorm Haus eine neue Rennstrecke, die sie auch noch bezahlen dürfen, während die Hauptnutzer kostenfrei davonkommen.

Nach einer Gesetzesänderung können Kommunen von diesen Beiträgen abrücken und stattdessen den Straßenausbau aus allgemeinen Steuermitteln finanzieren oder durch sogenannte „wiederkehrende Beiträge“. Letztere Methode allerdings setzt die exakte Festlegung von Bezirken voraus, was man in einer Stadt vom Zuschnitt Oldenburgs als zu problematisch ansieht und darum parteiübergreifend verwirft. In Oldenburg bringen die Ausbaubeiträge jährlich zwischen zwei und zweieinhalb Millionen Euro – und die müssten beim Wegfall ausgeglichen werden.

Die Bürgervereine haben vor einem Monat an Oberbürgermeister und Ratsfraktionen appelliert, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen und dabei durch den Hinweis auf die Praxis anderer Städte als Alternative eine Erhöhung der Grundsteuer ins Gespräch gebracht (die man übrigens auf die Mieten umlegen könnte). Die CDU hatte die Forderung nach Abschaffung schon ins Wahlprogramm aufgenommen, andererseits jede Steuererhöhung ausgeschlossen. Sie will die Kosten aus dem allgemeinen Haushalt finanzieren. Genau davon hält Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) überhaupt nichts. Der hatte bei der Vorlage des Haushaltsentwurfes vor ein paar Wochen mit Blick auf „Wahlprogramme, die ich gelesen habe“ gesagt, er sehe keinen Spielraum für Steuersenkungen oder Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.

„Sehe ich auch so“, meint der SPD-Vorsitzende Ulf Prange, der sich in keinen Dissens zum OB bringen lassen will, auch wenn seine Fraktion das Thema gerade per Antrag auf den Prüfstand gestellt hat. Aus dem Haushalt sei das so nicht zu finanzieren – und über Steuererhöhungen für diesen speziellen Zweck wolle man „in einen Dialog mit den Bürgern eintreten, ob das gewünscht wird“. Eine ähnliche Formulierung hatte sich schon im Wahlprogramm der Partei gefunden, wobei Form und Entscheidungsfindung nicht näher definiert werden.

Auch die Grünen plädieren für „eine Reform, die mehr Beitragsgerechtigkeit schafft“ und tendieren dabei zur Erhöhung der Grundsteuer. Die Schwierigkeit, dass Steuern (im Unterschied zu Gebühren oder Beiträgen) nicht zweckgebunden sind, das Geld also, wenn es einmal da ist, auch anderweitig ausgegeben werden könnte, will Fraktionssprecher Sebastian Beer über eine Art Selbstverpflichtung der Politik regeln, die zusätzlichen Mittel ausschließlich für Straßen zu verwenden. Allerdings sieht auch Beer ein Problem, das nur schwer aus der Welt zu schaffen sein dürfte: Wenn niemand mehr konkret für diese oder jene Straße zahlt und stattdessen die ehe diffuse Allgemeinheit einspringt, wird sich die bisher gewohnte Defensivtaktik der Anlieger sehr schnell in Begehrlichkeit wandeln. Aus „warum muss ausgerechnet unsere Straße ausgebaut werden?“ wird auf einmal „warum wird unsere Straße nicht endlich ausgebaut“? Da kündigt sich der nächste Ärger an.

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2 Kommentare

  1. Manfred Murdfield
    24. Dezember 2016 um 10.45 — Antworten

    Es ist schon erstaunlich, wer sich inzwischen vor den pauschalen Karren der klientelpolitischen „Forderung“ der Abschaffung der „Strassenausbaubeiträge“ spannen lässt. Dabei wird wohlweislich vermieden, die vorrangigen „Erschliessungsbeiträge“ zu erwähnen und einzubeziehen. Eine gewidmete Strasse, deren Herstellungskosten bislang auf die anliegenden Grundstücke nicht veranlagt wurden, sind bei einer Erneuerung derzeit nach den Vorschriften des Baugesetzbuches abzurechnen. Diese „Erschliessungskosten“ sind zwingend und können nicht abgeschafft werden. Die Ausbau-Protagonisten können diesen Zusammenhang ja mal am Beispiel Sandweg klarstellen, damit vor allem bei diejenigen, die schon einmal veranlagt wurden, nicht den Eindruck zu erwecken, dass private Beitragsverpflichtungen rechtswidrig auf Kosten der Allgemeinheit sozialisiert und durchgesetzt werden sollen.

  2. Manfred Murdfield
    25. Dezember 2016 um 13.26 — Antworten

    Noch was zu den „Strassen-Ausbaubeiträgen“, und ach ja: „Wie in Oldenburg die Strippen gezogen werden“,: indem in Oldenburg die SPD und ihre Affinitäten in das gleiche Horn blasen, den Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ konterkarieren um die Allgemeinheit zu belasten, zugunsten derjenigen mit eigenem „Stallgeruch“. Von unten nach oben, seit Schröder kein bisher von der SPD aufgehobenes Tabu, und wenn (unsoziale) Steuererhöhungen wie hier vorgesehen die Umlage auf die Grundsteuer (indirekt damit auch auf Pflegefälle und Krankenhäuser), und um der SPD-Klientel bei der persönlichen „Finanzierung“ für eine bessere Strasse zu helfen, werden eben entsprechend medienwirksame Strippen gezogen.

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