Krabbenfischer fürchten um ihre Existenz
Deutsche Nordseeküste (am/pm) Die Krabbenfischer an der deutschen Nordseeküste sehen sich in ihrer Existenz bedroht. Grund dafür ist die Empfehlung der EU-Kommission das Fischen mit Grundschleppnetzen in geschützten Meeresgebieten zu verbieten. Das Gesetz soll spätestens 2030 in Kraft treten. Am Mittwoch, 22. und 24. März, wollen die Krabbenfischer in Büsum demonstrieren. Dort tagen die Agrarminister von Bund und Ländern.
Anzeige
In der Nordsee werden Grundschleppnetze insbesondere zum Fang von Krabben (Nordseegarnelen), Plattfischen (Schollen, Seezungen) sowie Kabeljau und Sandaal eingesetzt. „Als negative Effekte treten in der Schleppnetzfischerei sowohl schwere Beeinträchtigung des Meeresbodens als auch hohe Beifangraten insbesondere von Jungfischen der Zielarten, in sehr hoher Zahl aber auch von Wirbellosen wie Krebse, Seesterne oder Seeigeln auf“, so das Bundesamt für Naturschutz. Die traditionelle Krabbenfischerei in den Nationalparken der Nordsee oder das leichte Rollengeschirr der Ostseekutter habe kaum Auswirkungen auf den Meeresboden, sei tatsächlich kaum messbar und bedeute keinen Schaden für das Ökosystem, betont der Verband der deutschen Kutter- und Küstenfischer. Da Krabbenfang und Muschelwerbung nur am Meeresgrund möglich sind, würde ein grundsätzliches Verbot das Aus für zahlreiche Krabbenfischer im Wattenmeer bedeuten.
Die niedersächsische Fischereiministerin Miriam Staudte zeigt sich solidarisch: „Der Aktionsplan scheint mir ein Schnellschuss zu sein. Er hätte existenzgefährdende Auswirkungen auf die Krabben- und Muschelfischerei in Niedersachsen. Diese für die Küstenregion so wichtige Branche stünde vor dem Aus. Es ist notwendig, dass nachhaltige Fangmethoden weiterhin gefördert werden – das ist nicht die Frage. Ein pauschales Verbot von Grundschleppnetzen in Schutzgebieten kann aber nicht die Lösung sein. Grundsätzlich hängen die Auswirkungen bodenberührender Fanggeräte von der Art des Meeresbodens und der Störungsempfindlichkeit seiner Lebensgemeinschaften, der Art der Fischerei und ihrer Intensität ab. Der Meeresboden im Bereich unserer Krabbenfischerei ist geprägt von den Gezeiten und daher weniger empfindlich.“ Erste Rückmeldungen aus dem Bundesministerium hätten bereits deutlich gemacht, dass auch dort das pauschale Verbot skeptisch gesehen wird.
Auch der Verein Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste (SDN) befürchtet ein Sterben der Küstenfischerei vor Deutschlands Nordseeküste. „Es mag sich merkwürdig anhören”, befürchtet der SDN-Vorsitzende Gerd-Christian Wagner, „aber ohne eine nachhaltige Küstenfischerei hat unsere Nordsee, bei all ihrer industriellen Nutzung, kaum mehr eine Chance, noch wenigstens ein der Natur nahes Refugium zu bleiben!” Der aktuelle Aktionsplan der EU-Kommission „Schutz und Wiederherstellung der Meeresökosysteme für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“, der die EU-Mitgliedstaaten zum sofortigen Handeln auffordert, würde mit seiner Umsetzung schlicht das Gegenteil bewirken. Denn mit den Küstenfischern verschwände eine fachkundige Gruppe, die direkt und vor Ort negative Veränderungen der Meeresumwelt nicht nur punktuell, wie die Forschung, sondern tagesaktuell sowie großflächig bemerken und wohl auch öffentlich machen würde. „Und diese negativen Veränderungen seien nicht durch die auf Nachhaltigkeit orientierte Krabbenfischerei des Wattenmeeres verursacht, sondern durch sehr viel größere Bedrohungen wie Schadstoffeinträge, Erwärmung, Plastikmüll, Gammelfischerei, Eutrophierung, Sandentnahmen, militärische Nutzung, Offshore-Windparks, Baggergutverklappungen und vieles mehr“, gibt Wagners SDN-Stellvertreter Ulrich Birstein, im Hauptberuf Kapitän und Seelotse, zu bedenken.
„Die derzeitige Form der Küstenfischerei besteht seit Jahrhunderten in Form kleiner und zunehmend kontrollierter Familienbetriebe bei mehr oder weniger gleichbleibend milder Nutzung des Küstenmeeres”, führt Birstein weiter aus. Trotzdem hätte sich die Störung durch die Fischerei selbst in den heutigen Nationalparken als so gering oder gar zu vernachlässigen und kaum nachweisbar erwiesen, dass sich der ökologische Wert sogar zur Anmeldung als Natura2000-Gebiet gerechtfertigt habe. „Damit wird erneut deutlich, dass die Krabbenfischerei im hochdynamischen Wattenmeer keinen entscheidenden Einfluss auf das Ökosystem und auch keinen räumlichen Überschnitt mit empfindlichen Lebensräumen wie Seegraswiesen, Riffen oder Muschelbänken hat”, ergänzt Wagner. Mit technischen Verbesserungen am Fanggeschirr, Monitoring des Beifangs und eigenen Managementsystem würden die Fischereifamilien daran arbeiten, den Einfluss auf die Meeresumwelt weiter zu minimieren. Die Netze der Krabbenfischer würden kaum den Boden berühren und somit nur minimale Spuren im Meeresboden hinterlassen, die schon nach einer Tide nicht mehr auffindbar wären. Zudem reduzieren sie durch eine innere Netzkonstruktion sogar deutlich den Beifang.
„Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass die Planer und Entscheider offensichtlich überhaupt keine Ahnung von Krabbenfischerei haben und wie diese im traditionellen Familienbetrieb nachhaltig funktioniert“, so Birstein. Erforderlich sei ein qualifizierter Dialog mit den Fischern, um gemeinsam einen Plan für die zukünftige Ausgestaltung der Küstenfischerei, insbesondere im Wattenmeer, zu entwickeln und kein von oben schleichend verordnetes Berufsverbot.
1 Kommentar
Ich hatte regelmäßig Krabben gekauft, aber nun kann ich sie mir nicht mehr leisten.
Offenbar lässt man lieber die Ware vergammeln, statt die Preise dem Gesetz der Marktwirtschaft folgend anzugleichen.
Der Zwischenhandel macht das Produkt teuer, also muss der Handel andere Vertriebswege finden, damit die Fischer weiter existieren können. Als Endverbraucher sehe ich mich jedenfalls nicht in der Lage mehr für das Produkt zu bezahlen. Geht es nicht anders, dann muss die Branche eben vom Markt verwinden, so Leid es mir tut.