Geflüchtete fassen Fuß im Handwerk
Oldenburg (pm) Bei der Handwerkskammer Oldenburg sind mehr als 200 Ausbildungsverhältnisse registriert, bei denen der Lehrling aus einem nichteuropäischen Asylherkunftsland stammt. Die größte Anzahl von Ausbildungsverträgen wurde mit jungen Menschen aus Syrien (71 Ausbildungsverhältnisse) abgeschlossen, gefolgt von Afghanen mit 67 und Irakern mit 44 Ausbildungsverträgen. Weitere 94 Personen befinden sich seit dem 1. August 2017 in Ausbildungsvorbereitung, in sogenannten Einstiegsqualifikationen.
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„Das Handwerk wird seinem Ruf als weltoffene Gesellschaftsgruppe gerecht. Die Betriebe geben den zu uns gekommenen Menschen die Chance, sich mit einer fundierten Ausbildung auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren“, sagt Wolfgang Jöhnk, Geschäftsbereichsleiter Berufsbildung der Handwerkskammer Oldenburg. Dabei sei interessant zu beobachten, dass die Geflüchteten in dieselben Berufe streben wie die Deutschen. „Die Ausbildungen zum Kfz-Mechatroniker und zum Friseur stehen jeweils ganz weit oben“, so Jöhnk. Unterschiede gebe es aber durchaus zwischen den Herkunftsländern: Während sich junge Menschen aus Afghanistan für Metallberufe und den Kraftfahrzeugmechatroniker entscheiden, wählen Syrer und Iraker vermehrt die Berufsausbildung zum Friseur.
Einen großen Anteil am Erfolg hat das landesweite Integrationsprojekt Handwerkliche Ausbildung für Flüchtlinge und Asylbewerber (IHAFA). Zwei Berater der Handwerkskammer Oldenburg haben seit Ende 2015 (Projektstart) 609 Kontakte gehabt, 1734 Beratungen durchgeführt und bei 161 Veranstaltungen über handwerkliche Ausbildungen informiert. Es wurden 295 Praktika organisiert.
Hussein Kerri hat beispielsweise den Werdegang von Habib Alizada begleitet. Der Integrationsberater freute sich im vergangenen Jahr, dass der junge Mann aus Afghanistan bei Maler- und Lackierermeister Lars Sieberg in Oldenburg einen Ausbildungsvertrag bekam. Lars Sieberg zieht 16 Monate später ein positives Fazit: „Habib Alizada wird die praktische Prüfung bestehen“, prognostiziert der Unternehmer. Die sprachlichen Probleme werden mit jedem Tag weniger. „Natürlich ist es zu Beginn für alle im Betrieb und in der Berufsschule schwierig, mit einem Nicht-Muttersprachler zu arbeiten. Aber ohne zusätzliche Fachkräfte kommen wir doch gar nicht mehr klar.“
Zurzeit absolviert Habib Alizada eine Überbetriebliche Lehrlingsunterweisung (ÜLU). Für den 23-Jährigen ist dies ein weiterer Baustein für seine Ausbildung, die ihm in Deutschland eine gute Grundlage für seine Zukunft geben soll.
Wolfgang Jöhnk sieht den Spracherwerb weiterhin als hohe Hürde. „Im Berufsschulunterricht wird deutlich, dass Alltagssprache nicht gleich Fachsprache ist. Den Berufsschulen müssen zusätzliche Kapazitäten für den berufsbezogenen Spracherwerb der Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden.“ Unterstützung erhofft sich Jöhnk dabei von der neuen Landesregierung.
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